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Schwangerschaft

Die große Läufigkeitsbibel

Die große Läufigkeits-bibel

Lesezeit: 10 min.

Autor: Helena, Veterinärmedizinerin

17. Dezember 2022

Wird die junge Hündin langsam erwachsen, gibt es unter den Hundeeltern oft nur noch ein Thema: Ist die Hündin schon läufig gewesen? Wie lange war sie läufig und hat sich ihr Verhalten in dieser Zeit oder danach verändert? Was passiert
eigentlich im Zyklus der Hündin?

Der normale Zyklus einer Hündin gliedert sich in 4 Phasen

Die 4 Phasen der Läufigkeit:

  1. 1Der Proöstrus
  2. 2Der Östrus
  3. 3Der Metöstrus
  4. 4Der Anöstrus

1. Der Proöstrus:

Die erste Phase der Läufigkeit ist gekennzeichnet durch das Einsetzen des blutigen Ausflusses aus der Scheide sowie dem  Anschwellen der Vulva. In dieser Phase wird die Hündin sehr interessant für Rüden, ist aber noch nicht deckbereit und wehrt Paarungsversuche normalerweise ab. Sie kann vermehrt in kleinen Mengen Urin absetzen, also wie ein Rüde „markieren“. Die Länge dieser Phase ist  unterscheidet sich von Hund zu Hund, dauert in der Regel aber 3-17 Tage.

 

2. Der Östrus

Den Östrus bezeichnet man umgangssprachlich auch als Standhitze. Diese Phase der Läufigkeit markiert den Zeitpunkt, zu dem die Hündin paarungsbereit ist, und dauert normalerweise 3-10 Tage. Äußerlich erkennen kann man diese Phase daran, dass die Vulva wieder etwas abschwillt und weicher wird und der Ausfluss nicht mehr so blutig ist, sondern heller bis wässrig wird. In dieser Zeit hat die Hündin mehrere Eisprünge.

Ein Deckakt während dieser Phase wird sehr Wahrscheinlich zu einer Befruchtung führen.

Rüden werden nicht mehr abgewehrt, stattdessen hält die Hündin offensichtlich die Rute zur Seite, wenn sie anderen Hunden begegnet.

ACHTUNG: Das Tragen eines Höschens verhindert keinen Paarungsakt

3. Der Metöstrus

Die sogenannte Nachbrunst ist die längste hormonelle Phase, die sogenannte Gelbkörperphase. Diese Phase dauert ca. 9-12 Wochen. Der Vaginalausfluss der Hündin wird langsam weniger und klingt ab, die Vulva schwillt ebenfalls ab. Die Hündin lässt sich nicht mehr decken und mit der Zeit verlieren auch die Rüden wieder das Interesse an der Hündin. Gegen Ende dieser Phase kann es auch zu einer Scheinschwangerschaft kommen, oft nach ca. 9 Wochen.

SCHEINTRÄCHTIGKEIT - Was tun?

Die Scheinträchtigkeit, oder Scheinschwangerschaft der Hündin, ist eine durch Hormone gesteuerte, natürliche Phase bei ungedeckten, unkastrierten Hündinnen nach der Läufigkeit - genau in dem Zeitraum, in dem die Hündin Welpen bekommen hätte, wäre sie gedeckt worden.

Die hormonelle Lage sorgt dafür, dass die Milchleisten anschwellen und der Mutterinstinkt der Hündin geweckt wird. Sie wird anhänglicher, baut vielleicht ein Nest und bemuttert Kuscheltiere. Manchmal fressen die Hündinnen auch schlechter und werden Partnertieren
gegenüber aggressiver. Körperlich kann es neben der Schwellung des Gesäuges
auch zur Milchproduktion kommen.

In der Natur (beim Wolf) ist dies sogar eine gewünschte Veränderung, damit sich die Hündinnen alle gleichermaßen um die Welpen kümmern können, auch wenn es nicht die eigenen sind.

Die Scheinträchtigkeit dauert normalerweise ein paar Wochen und klingt von selbst wieder ab.

Die Symptome der Scheinträchtigkeit klingen normalerweise von alleine ab und bedürfen keiner Therapie. Trotzdem sollte die Hündin in dieser Zeit genau beobachtet werden. Ist der Milchfluss zu stark oder die Verhaltensänderung zu belastend, kann eine tierärztliche Behandlung notwendig sein. Wird das Sekret aus den Zitzen blutig oder hat die Hündin Schmerzen an den Milchleisten muss ein Tierarzt aufgesucht werden, denn das deutet
auf eine Brustentzündung hin.

Tritt die Scheinträchtigkeit immer wieder mit starken Symptomen auf, sollte mit dem Tierarzt über eine Kastration gesprochen werden, da das Risiko für Gebärmutterentzündungen und Tumoren an der Milchleiste drastisch ansteigt.

4. Der Anöstrus

Der Anöstrus ist die Phase der hormonellen Ruhe bei der Hündin,. der mehrere Wochen bis Monate lang sein kann. In dieser Zeit sollten keine Anzeichen einer Läufigkeit oder sexuelles Interesse von Rüden erkennbar sein.

Good to know: Soll die Hündin kastriert werden, sollte man das in der Phase des Anöstrus machen.

Die erste Läufigkeit

Die erste Läufigkeit setzt in der Regel mit 6-24 Monaten ein. Der genaue Zeitpunkt ist individuell sehr unterschiedlich, bei kleineren Rassen ist es aber früher, bei größeren später. Generell muss das Größenwachstum der jungen Hündin abgeschlossen sein, wenn sie das erste Mal läufig wird. Einige Rassen, wie beispielsweise der Briard, sind dafür bekannt, besonders spät das erste Mal läufig zu werden.

In der allerersten Läufigkeit ist der Ablauf der Läufigkeit oft etwas anders, da sich Zyklus und Hormone erst einpendeln müssen. Es kann zum Beispiel zu einer Unterbrechung der Läufigkeit, stärkeren oder schwächeren Blutungen, deutlichen Verhaltensänderungen oder auch zu kaum sichtbaren Veränderungen kommen.

Die Läufigkeiten treten dann in regelmäßigen Abständen (Läufigkeitsintervall) auf, meistens alle 6-9 Monate. Kleinere Rassen werden i.d.R. zweimal im Jahr läufig, große Rassen weniger häufig, in selten Fällen ist das Läufigkeitsintervall sogar größer als 12 Monate.

Tipp: Läufigkeitstagebuch

Notiere dir im Kalender oder Smartphone unbedingt, wann der erste Tag der Läufigkeit war, also wann du Blutstropfen bemerkt hast, und auch, wann offensichtlich die Standhitze begonnen hat.

Schaue außerdem darauf, wie lang das Läufigkeitsintervall deiner Hündin ist und beobachte, ob sich eine Regelmäßigkeit einstellt. Diese Notizen können dir helfen, wenn du Ausflüge oder Urlaube planst und dir wichtige Informationen geben, wenn sich am Zyklus deiner Hündin etwas ändert. Dann solltest du unter Umständen deinen Tierarzt kontaktieren und die Veränderungen mit ihm oder ihr besprechen.

To Do´s während der Läufigkeit:

  1. 1Schütze Teppiche und Möbel vor dem blutigen Ausfluss, indem du Handtücher auslegst, Teppiche wegräumst und deine Hündin an das Tragen eines Schutzhöschens gewöhnst
  2. 2Wähle deine Spazierzeiten so, dass du möglichst wenig anderen Hunden begegnest, um den Stress für Hündin und Rüden möglichst klein zu halten
  3. 3Leben Hündin und Rüde in einem Haushalt, überlege dir, wie du eine räumliche Trennung schaffen kannst (z.B. durch ein Kindergitter oder indem ein Hund für die Zeit der Läufigkeit in einen anderen liebevollen Haushalt zieht)
  4. 4Sichere deine Hündin während der Läufigkeit mit einer Schleppleine, falls der Grundgehorsam nicht so gut funktioniert wie gewohnt, und lasse sie nicht unbeaufsichtigt

Verhaltensveränderungen während der Läufigkeit?

Durch die veränderte hormonelle Lage kommt es bei der Hündin natürlicherweise zu einer Änderung ihres Verhaltens. Während der ersten Läufigkeit kann man eventuell feststellen, dass die Hündin ein nicht mehr ganz so jugendhaftes Verhalten an den Tag legt, weil sie nun „erwachsen“ geworden ist. Normale Verhaltensänderungen während der Läufigkeit können vielfältig und individuell sein, zum Beispiel kann man folgendes beobachten:

  • Vermehrte Anhänglichkeit und Kuschelbedürfnis
  • Erhöhtes Schlafbedürfnis
  • Verminderte Futteraufnahme
  • Vermehrtes Putzen
  • Markieren auf den Spaziergängen/häufiges Absetzen kleiner Mengen Urin
  • Verändertes Verhalten (aggressiveres Verhalten) anderen Hunden gegenüber 

Wann sollten die Alarmglocken läuten?

Bei folgenden Veränderungen sollte ein Tierarzt kontaktiert werden:

  • Veränderungen im Ablauf des Zyklus der Hündin: ein deutlich kürzeres oder längeres Läufigkeitsintervall muss kein Krankheitsanzeichen sein, sollte aber gut beobachtet werden
  • Ausfluss aus der Scheide, der stinkend oder gelblich ist
  • Blutiges Sekret aus den Zitzen oder starke Berührungsempfindlichkeit an den Milchleisten
  • Plötzlich einsetzende deutliche Apathie, eventuell in Kombination mit Fieber
  • Deutlich gesteigerte Wasseraufnahme
  • Fehlende Futteraufnahme (auch von Leckerchen) über mehrere Tage

Wie kann eine Läufigkeit verhindert werden?

Ist eine Läufigkeit nicht erwünscht, gibt es zwei Möglichkeiten diese zu unterdrücken:

1. Hormonspritze

Das Unterdrücken der Läufigkeit mittels Hormoninjektion ist zwar möglich, birgt aber viele Risiken und wird deshalb nicht standardmäßig und auch von den meisten Tierärzten nicht gerne durchgeführt. In Folge einer Hormoninjektion steigt nämlich das Risiko für hormoninduzierte Tumore und Gebärmuttervereiterung stark an.

Eine Alternative zur Verhinderung der Läufigkeit ist die Kastration der Hündin. Dieser Eingriff in Vollnarkose birgt ebenfalls Risiken, in der Spätfolge kann es zum Beispiel zu Harninkontinenz oder Harnträufeln kommen.

2. Kastration

Durch eine Kastration kann es auch zu einer Verhaltensänderung der Hündin kommen. Ängstliches oder aggressives Verhalten kann sich im schlechtesten Fall entwickeln oder verstärken. Eine Kastration sollte nicht zu früh und in der Phase der hormonellen Ruhe, also im Anöstrus, durchgeführt werden, und gut überlegt sein.

Eine Kastration ohne medizinische Indikation/rechtmäßigen Grund ist laut gesetzlicher Lage nicht zulässig.

Wenn du dich für die Haltung einer Hündin entscheidest, solltest du dich als verantwortungsvoller Tierhalter an der regelmäßigen Läufigkeit nicht stören.

Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einem Paarungsakt zwischen Rüde und Hündin, sollte ein Tierarzt aufgesucht werden. Dieser kann nach einer Risikoeinschätzung eine eventuelle Trächtigkeit mittels Hormoninjektion beenden.

Die wichtigesten Fakten zusammengefasst auf einen Blick:

  • Die erste Läufigkeit setzt zwischen dem 6. und 24. Lebensmonat ein, bei kleinen Hündinnen früher, bei größeren später
  • Die erwachsene Hündin wird alle 6-12Monate läufig, es gibt keine Menopause
  • Verhaltensänderungen während und nach der Läufigkeit können vielfältig und meistens ganz normal sein, auch eine Scheinträchtigkeit ist eine normale hormonelle Situation
  • Die Hündin ist nur während der Standhitze (Östrus) am Ende der Läufigkeit fruchtbar, in dieser Zeit sollte ganz besonders darauf geachtet werden Rüdenkontakt zu vermeiden!
  • Wichtig ist ein Läufigkeitstagebuch, damit du den Zyklus deiner Hündin immer gut im Blick hast!

    Liebe Grüße, Eure Helena